Regelungstechnik

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(Ausgeführte Regelungen)
(Theorie der Regelungstechnik)
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=== Theorie der Regelungstechnik ===
=== Theorie der Regelungstechnik ===
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Die quantitative (mathematische) Beschreibung der einzelnen dynamischen Elemente und ihres Zusammenschlusses im Regelkreis wird benötigt, um eine Regelung optimal auslegen zu können. Alle Elemente, vor allem die Regelstrecke, verzögern die Wirkung zwischen ihrem Eingang und ihrem Ausgang, weshalb jede Regelung infolge der Rückführung prinzipiell unstabil sein kann, und die Regelgröße fortwährend zwischen ihrem maximal möglichen und ihrem minimal möglichen Wert schwankt. Die Regelung ist optimal, wenn eine [[Regeldifferenz|Regelabweichung]] möglichst schnell beseitigt wird, ohne dass unstabiles Schwingen entsteht.
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Die quantitative (mathematische) Beschreibung der einzelnen dynamischen Elemente und ihres Zusammenschlusses im Regelkreis wird benötigt, um eine Regelung optimal auslegen zu können. Alle Elemente, vor allem die Regelstrecke, verzögern die Wirkung zwischen ihrem Eingang und ihrem Ausgang, weshalb jede Regelung infolge der Rückführung prinzipiell unstabil sein kann, und die Regelgröße fortwährend zwischen ihrem maximal möglichen und ihrem minimal möglichen Wert schwankt. Die Regelung ist optimal, wenn eine Regelabweichung möglichst schnell beseitigt wird, ohne dass unstabiles Schwingen entsteht.
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Die mathematische (theoretische) Behandlung der Regelungstechnik begann bereits anhand der Drehzahlreglung mit Fliehkraftregler. Am Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts beschrieben [[James Clerk Maxwell|Maxwell]] und der russische Ingenieur ''Wischnegradsky'' erstmalig solche dynamischen Systeme mit [[Differentialgleichung]]en.<ref name="Ludyk">Günter Ludyk: ''Theoretische Regelungstechnik'', Springer 1995, Band 1, Seite 1</ref> Damit war der Grundstein für die eigenständige Disziplin Regelungstechnik gelegt. Schon kurz danach, am Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts, bediente man sich auch für Technische Systeme der allgemeinen [[Laplacetransformation]]<ref name="Ludyk" /> und ihrer inversen Rücktransformation zwischen [[Zeitbereich]] und [[Frequenzspektrum|Frequenzbereich]], um den großen Rechenaufwand für direktes Lösen der Differentialgleichungen zu vermeiden. Im Frequenzbereich bestehen leicht lösbare gewöhnliche [[Algebra|algebraische Gleichungen]].
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Die mathematische (theoretische) Behandlung der Regelungstechnik begann bereits anhand der Drehzahlreglung mit Fliehkraftregler. Am Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts beschrieben Maxwell und der russische Ingenieur ''Wischnegradsky'' erstmalig solche dynamischen Systeme mit Differentialgleichungen. Damit war der Grundstein für die eigenständige Disziplin Regelungstechnik gelegt. Schon kurz danach, am Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts, bediente man sich auch für Technische Systeme der allgemeinen Laplacetransformation und ihrer inversen Rücktransformation zwischen Zeitbereich und Frequenzbereich, um den großen Rechenaufwand für direktes Lösen der Differentialgleichungen zu vermeiden. Im Frequenzbereich bestehen leicht lösbare gewöhnliche algebraische Gleichungen.
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Die Anwendung der speziellen [[Fouriertransformation]] auf die Differentialgleichungen führt zum [[Frequenzgang (System)|Frequenzgang]], der schon vorher in der [[Nachrichtentechnik]] verwendet wurde, um die Übertragung ungedämpfter [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischer Schwingungen]] zu beschreiben.<ref name="Ludyk" /> Er wird als [[Bode-Diagramm]] oder als [[Ortskurve (Systemtheorie)|Ortskurve]] dargestellt. Etwa 1928 erkannte [[Harry Nyquist|Nyquist]], dass aus der Ortskurve des Frequenzgangs des aufgeschnittenen Kreises eines elektronischen Verstärkers oder einer Regelanalage ein Stabilitätskriterium für den geschlossenen Kreis entnommen werden kann.<ref>H. Nyquist: ''Regeneration theory'', Bell Syst. techn. Journ.11, 1932, Seiten 126 bis 147</ref> Die Kurve muss einen bestimmten Verlauf nehmen.
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Die Anwendung der speziellen Fouriertransformation auf die Differentialgleichungen führt zum Frequenzgang, der schon vorher in der Nachrichtentechnik verwendet wurde, um die Übertragung ungedämpfter elektromagnetischer Schwingungen zu beschreiben. Er wird als Bode-Diagramm oder als Ortskurve dargestellt. Etwa 1928 erkannte Nyquist, dass aus der Ortskurve des Frequenzgangs des aufgeschnittenen Kreises eines elektronischen Verstärkers oder einer Regelanalage ein Stabilitätskriterium für den geschlossenen Kreis entnommen werden kann. Die Kurve muss einen bestimmten Verlauf nehmen.
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Die mit der Laplacetransformation erhältliche [[Übertragungsfunktion]] wurde für das [[Wurzelortskurvenverfahren]] (root locus method <ref>R. W. Evans: ''Graphical Analysis of Control Systems'', Transactions AIEE 67 (1948), Seiten 547 - 551</ref>) bedeutsam. Mit dem Frequenzgangverfahren und diesem Verfahren als zweite allgemeine Methode zur Beschreibung und Bearbeitung linearer Regelungen <ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, Seite 200, ISBN 3-7785-2336-8</ref> waren im Wesentlichen alle mathematischen Hilfen gefunden, die zur Behandlung [[Linearität#Linearität in der Systemtheorie|linearer]] [[Lineares zeitinvariantes System|zeitinvarianter]] Regelungssysteme verwendet werden können.
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Die mit der Laplacetransformation erhältliche Übertragungsfunktion wurde für das Wurzelortskurvenverfahren (root locus method) bedeutsam. Mit dem Frequenzgangverfahren und diesem Verfahren als zweite allgemeine Methode zur Beschreibung und Bearbeitung linearer Regelungen waren im Wesentlichen alle mathematischen Hilfen gefunden, die zur Behandlung linearer zeitinvarianter Regelungssysteme verwendet werden können.
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Die folgende erhebliche Ausweitung der Regelungstechnik bezog [[Nichtlineares System|nichtlineare Systeme]] und Regelkreise mit mehren Regelgrößen und mehreren Schleifen ein. Neue Güte-Kriterien mussten erfüllt werden, zum Beispiel die Bahnoptimierung bezüglich Zeit und Treibstoffverbrauch in der Raumfahrt.<ref name="Ludyk" /> Entsprechende und zahlreiche neue mathematische Hilfsmittel wurden gefunden. Die sogenannte ''moderne Regelungstheorie'', zu deren Entwicklung [[Rudolf Kálmán|Kálmán]] maßgeblich beitrug,<ref>R. On the Generel Theory of Control Systems, Proceedings 1st International Congress on Automatic Control 1960, Butterworths, London, 1961, band 1, Seiten 481 - 492</ref> begann in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch Anwendung des Modells [[Zustandsraumdarstellung|Zustandsraum]] lassen sich die Systeme hier auch im Zeitbereich mit erträglichem Aufwand behandeln.
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Die folgende erhebliche Ausweitung der Regelungstechnik bezog nichtlineare Systeme und Regelkreise mit mehren Regelgrößen und mehreren Schleifen ein. Neue Güte-Kriterien mussten erfüllt werden, zum Beispiel die Bahnoptimierung bezüglich Zeit und Treibstoffverbrauch in der Raumfahrt. Entsprechende und zahlreiche neue mathematische Hilfsmittel wurden gefunden. Die sogenannte ''moderne Regelungstheorie'', zu deren Entwicklung Kálmán maßgeblich beitrug, begann in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch Anwendung des Modells Zustandsraum lassen sich die Systeme hier auch im Zeitbereich mit erträglichem Aufwand behandeln.
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Mit der ''modernen Regelungstheorie'' begann eine verallgemeinerte, das heißt eine mehr mathematisch betonte Betrachtung, deren Bindung an die Regelungstechnik lockerer wurde. Es entstand die Kontrolltheorie als mathematische Disziplin. Ihre Verallgemeinerung und entsprechende Einordnung ist noch undeutlich. In der Literatur wird sie noch vorwiegend als Theorie der Regelung (oder der Regelungstechnik) bezeichnet. Die neuen mathematischen Mittel zur Beschreibung und theoretischen Behandlung werden mit entsprechenden technischen Entwürfen sehr hoher Komplexität und schwierigen Bedingungen (keine Linearität, keine Invarianz und ähnlichem) zunächst veranschaulicht. Die erfolgreiche Erprobung geschieht parallel dazu. Die Mehrzahl installierter Regelungen kann aber mit den bisherigen Methoden behandelt werden. Sie sind oft mit dem standardisierten [[PID-Regler]] ausgerüstet.
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Mit der ''modernen Regelungstheorie'' begann eine verallgemeinerte, das heißt eine mehr mathematisch betonte Betrachtung, deren Bindung an die Regelungstechnik lockerer wurde. Es entstand die Kontrolltheorie als mathematische Disziplin. Ihre Verallgemeinerung und entsprechende Einordnung ist noch undeutlich. In der Literatur wird sie noch vorwiegend als Theorie der Regelung (oder der Regelungstechnik) bezeichnet. Die neuen mathematischen Mittel zur Beschreibung und theoretischen Behandlung werden mit entsprechenden technischen Entwürfen sehr hoher Komplexität und schwierigen Bedingungen (keine Linearität, keine Invarianz und ähnlichem) zunächst veranschaulicht. Die erfolgreiche Erprobung geschieht parallel dazu. Die Mehrzahl installierter Regelungen kann aber mit den bisherigen Methoden behandelt werden. Sie sind oft mit dem standardisierten PID-Regler ausgerüstet.
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Bis zum Ende des 2. Weltkrieges entwickelten sich Theorie und Praxis der Regelungssysteme in den [[USA]] und [[Westeuropa]] anders als in [[Russland]]. Während im Westen die Theorie rückgekoppelter Systeme vorwiegend im Frequenzbereich, vor allem von ''Bode'' und ''Nyquist'', entwickelt wurde, entstanden in der ehemaligen [[Sowjetunion|UdSSR]] durch die Nachfolger von ''Wischnegradsky'' verbesserte Lösungen im Zeitbereich. Die Trennung in Ost und West wurde wenigstens außerhalb militärischer und Weltraum-technischer Anwendungen nach dem 2. Weltkrieg beendet. Im September 1956 wurde die International Federation of Automatic Control [[International Federation of Automatic Control|(IFAC)]] gegründet.  
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Bis zum Ende des 2. Weltkrieges entwickelten sich Theorie und Praxis der Regelungssysteme in den USA und Westeuropa anders als in Russland. Während im Westen die Theorie rückgekoppelter Systeme vorwiegend im Frequenzbereich, vor allem von ''Bode'' und ''Nyquist'', entwickelt wurde, entstanden in der ehemaligen UdSSR durch die Nachfolger von ''Wischnegradsky'' verbesserte Lösungen im Zeitbereich. Die Trennung in Ost und West wurde wenigstens außerhalb militärischer und Weltraum-technischer Anwendungen nach dem 2. Weltkrieg beendet. Im September 1956 wurde die International Federation of Automatic Control (IFAC) gegründet.  
In den 80er Jahren erfuhr die Regelungstechnik mit der Einführung des digitalen Rechners einen erneuten Entwicklungsschub. Dieses neue Werkzeug ermöglichte es, wesentlich größere und komplexere mathematische Modelle des Regelkreises als bisher in kurzer Zeit zu überblicken. Seitdem entstanden entsprechend komplexere und präzisere Regelungen.
In den 80er Jahren erfuhr die Regelungstechnik mit der Einführung des digitalen Rechners einen erneuten Entwicklungsschub. Dieses neue Werkzeug ermöglichte es, wesentlich größere und komplexere mathematische Modelle des Regelkreises als bisher in kurzer Zeit zu überblicken. Seitdem entstanden entsprechend komplexere und präzisere Regelungen.
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Lehre und Forschung in Regelungstechnik an einer Universität begannen erst in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts. ''Nyquist, Bode'' und die anderen frühen Förderer wirkten alle in der Industrie. Das erste Institut für Regelungstechnik im deutsch-sprachigen Raum wurde 1955 von ''Heinrich Kindler'' an der Technischen Hochschule Dresden (TH&nbsp;Dresden, später [[TU Dresden]]) gegründet.<ref>Heinz Töpfer und Hans-Joachim Zander: ''Steuerungstechnik - ein Teilgebiet der Automatisierungstechnik, ein Rückblick auf diesbezügliche Forschungsarbeiten in der DDR'', Automatisierungstechnik, 2003, Heft 3, Seite 136, 2.1, zweiter Absatz</ref>
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Lehre und Forschung in Regelungstechnik an einer Universität begannen erst in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts. ''Nyquist, Bode'' und die anderen frühen Förderer wirkten alle in der Industrie. Das erste Institut für Regelungstechnik im deutsch-sprachigen Raum wurde 1955 von ''Heinrich Kindler'' an der Technischen Hochschule Dresden (TH&nbsp;Dresden, später TU Dresden) gegründet.
== Einfache Beispiele einer Regelung ==
== Einfache Beispiele einer Regelung ==

Version vom 8. Februar 2011, 13:09 Uhr

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