Regelungstechnik
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'''Regelungstechnik''' ist eine Ingenieurwissenschaft, die alle in der Technik vorkommenden Regelungs-Vorgänge behandelt. Sie ist ein Teilgebiet der [[Automatisierungstechnik]], die selbständig ablaufende Vorgänge im Wesentlichen durch ''Messen'', ''[[Steuerungstechnik|Steuern]]'' und ''Regeln'' ermöglicht. Die von der Technik begründete und sie begleitende Theorie der Regelung hat sich ausgeweitet und ist als Kontrolltheorie ein Zweig der angewandten Mathematik geworden. [[Datei:WattReg.jpg|thumb|300px|Regelung der Drehzahl einer Dampfmaschine (nicht gezeichnet) mit einem Fliehkraftregler<br />rechts: Stellglied (Drosselklappe in der Dampfzuleitung) <br />links: Messglied und Regler als Einheit (Fliehkraftpendel auf einer Drehzahl-Messwelle) <br />Mitte: Rückkopplung (Hebel und Stange) = Gegenkopplung (kleinere Drehzahl vergrößert die Drosselöffnung), Sollwert-Veränderung durch Längenänderung der Stange]] [[Datei:R S Block.svg|thumb|300px|oben: Steuerung, Wirkungskette zwischen Führungsgröße und zu steuernder Größe<br />unten: Regelung, geschlossener Wirkungskreis]] == Einführung == === Aufgabe === Die Regelungstechnik behandelt und löst die Aufgabe, in technischen Systemen (Geräte, Apparate, Maschinen, Anlagen und biologische Systeme) vorkommende, prinzipiell veränderliche (dynamische) Größen automatisch konstant (oder gezielt veränderlich) zu halten, das heißt Störeinflüsse auszugleichen. Solche Regelgrößen sind meist physikalischer (zum Beispiel Temperatur, Druck, Drehzahl und vieles andere), selten chemischer (zum Beispiel pH-Wert im Abwasser) oder biologischer (zum Beispiel Glucose-Konzentration im Blut) Natur. === Grundprinzip === Das Grundprinzip besteht darin, den Wert der Regelgröße zu messen (Ist-Wert) und abhängig von seiner Abweichung zum Soll-Wert mittels der in der Regel bereits vorhandenen Möglichkeit seiner Beeinflussung ([[Steuerungstechnik|Steuerung]]) automatisch (mit dem Stellglied) korrigierend einzugreifen. Durch die Rückkopplung der Regelgröße über Messglied und Regler zur Steuergröße entsteht ein geschlossener Wirkungskreis (Regelkreis, siehe Abbildung). Der geschlossene Kreis ist das eindeutige Unterscheidungsmerkmal einer Regelung von einer Steuerung. Die meisten Regelungen werden verwendet, um den Einfluss von Störungen, die innerhalb des Systems (Regelstrecke) stattfinden, zu kompensieren. Die Regelgröße soll den vorgegebenen ''festen Sollwert'' einhalten: ''Festwert- oder Störgrößenregelung''. Soll die Regelgröße zusätzlich gezielt verändert werden, so handelt es sich um eine ''Folge- oder Nachlaufregelung''. Der variable Sollwert wird ''Führungsgröße'' genannt. Wenn keine Störungen zu kompensieren sind, kann die Führungsgröße lediglich die Eingangsgröße einer Steuerung sein. Bei einer Steuerung gibt es anstatt eines geschlossenen Kreises nur eine Wirkungslinie: vom Eingang des Stellglieds zum Ausgang (zu steuerndende Größe) der Steuerstrecke. Ein Regelkreis entsteht daraus allenfalls dann, wenn eine bedienende Person die Aufgabe des Reglers übernimmt, wenn “von Hand geregelt” wird (sowohl mit fixem Sollwert als auch mit variabler Führungsgröße). Ältestes technisches Beispiel ist die Regelung auf fixe Drehzahl einer Dampfmaschine durch James Watt mit Hilfe des Fliehkraftreglers (siehe Abbildung). === Praktische und theoretische Regelungstechnik === Regelungen befinden sich in vielen technischen Produkten und Prozessen. Es lassen sich Standard-Regler bauen, die grundsätzlich in verschiedensten Bereichen der Technik eingesetzt werden können. Ihr Einsatz ist aber ohne Kenntnis des dynamischen Verhaltens der technischen Systeme nur mit eingeschränktem Erfolg möglich. Am Anfang wurde die Anpassung durch Ausprobieren mit nicht sicherem und nicht optimalem Erfolg vorgenommen. Besseren Erfolg hatte man, als es gelang, das im Wesentlichen von den Verzögerungen in der Regelstrecke bestimmte komplexe [[Dynamisches System|dynamische System]] Regelkreis mit Hilfe von [[Differentialgleichung]]en [[quantitativ]] zu beschreiben. Methoden zum Lösen der Differentialgleichungen waren zu erlernen. Die Regelungstechnik etablierte sich infolge als eigenständige Disziplin der Ingenieurwissenschaften. Mathematiker, aber auch Regelungstechniker selbst fanden mathematische Formen der Darstellung, mit deren Hilfe die Leistungsfähigkeit eines Regler-Entwurfs theoretisch vorhersagbar oder eine Regelung optimierbar ist. Die Regelungstechnik ist wie ihr Untersuchungsgegenstand spartenübergreifend und verlangt von den in ihr Tätigen Wissen in der gesamten [[Technik]], der [[Physik]] und vertiefte [[Mathematik|mathematische]] Kenntnisse. Durch den Einbezug der in natürlichen Systemen vorhandenen Regelungen entstand in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts die noch breiter greifende Wissenschaft [[Kybernetik]], deren Begründer [[Norbert Wiener]] war. Die moderne Theorie der Regelungen (oder der Regelungstechnik) hat sich als [[Kontrolltheorie]] formal zu einer mathematischen Disziplin gewandelt. == Geschichte == === Ausgeführte Regelungen === Das Prinzip der Regelung wurde schon von Mechanikern in der Antike angewendet. Nachgewiesen sind Einrichtungen zur Regelung von Flüssigkeits-Niveaus, die [[Ktesibios|Ktesibios aus Alexandria]] und sein Schüler [[Philon von Byzanz]] erfanden. Ktesibios regelte den Wasserstand in einem Behälter, aus dem eine Einlaufwasseruhr mit Wasser versorgt wurde.<ref>[http://www.techkyb.de/diplom/wasistkybernetik/geschichte/wasseruhr Wasseruhr des Ktesibios (Rekonstruktion)]</ref><ref>Wasseruhr des Ktesibios (Rekonstruktion), [http://www.fml.ethz.ch/education/regeltech/RT_Theorie.pdf], Seite 26</ref> Der Wasserzufluß von konstanter Höhe herab ist gleichmäßig und erhöht die Genauigkeit der Uhr. Von Phylon ist eine Öllampe bekannt geworden (siehe Abbildung), in der das Öl automatisch auf gleichem Niveau gehalten wurde. Das konstante Ölniveau verbesserte den gleichmäßigen Brand der Flamme, ein Luxus, auf den man verzichten könnte und bei heutigen Öllampen auch verzichtet. Der Aufwand war aber klein, obwohl es sich um eine vollwertige Regelung handelte. Danach wurde das Prinzip der Regelung erst wieder in der Neuzeit aufgegriffen. Im 17. Jahrhundert entstand die erste Temperaturregelung, die der Niederländer [[Cornelis Jacobszoon Drebbel]] in einem Brutkasten für Hühnereier entwarf.<ref>Temperaturregelung in einem Brutkasten, [http://www.fml.ethz.ch/education/regeltech/RT_Theorie.pdf], Seite 27</ref> 1681 erfand der Franzose [[Denis Papin]] eine einfache Druckregelung für einen [[Dampfkochtopf]] durch Einbau eines [[Sicherheitsventil|Überdruckventils]]. Der erste in Serie hergestellte Regler war der [[Fliehkraftregler]], dessen Erfindung [[James Watt]] fälschlicherweise zugeschrieben wird (siehe Abbildung, oben). Der Fliehkraftregler wurde vorher schon an Windmühlen verwendet. Watt hat die 1769 von [[Thomas Newcomen]] erfundene [[Dampfmaschine]] im Jahr 1786 mit einem solchen Regler ausgerüstet. Für die neue Dampftechnik kam auch die aus der Antike bekannte Wasserstandsregelung mit Schwimmer durch den Russen [[Ivan Polzunov]] zur Anwendung. Der Schwimmer beeinflusste über ein Gestänge das Wasser-Einlassventil des Dampfkessels. Die Technik der selbsttätigen Regelung blieb lange Zeit auf die Anwendung in [[Kraftmaschine]]n beschränkt. Eine erste Ausweitung erstreckte sich auf die Regelung von Größen in [[Verfahrenstechnik|verfahrenstechnischen]] Prozessen, vor allem von Temperaturen, Drücken und Massenströmen. Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden die vereinheitlichten, vielfach einstellbaren elektrischen, hydraulischen und pneumatischen [[PID-Regler]]. Die pneumatischen PID-Regler werden in der Verfahrenstechnik bevorzugt, da von ihrer Hilfsenergiequelle Luftdruck keine Brandgefahr ausgeht. In der jüngsten Vergangenheit hat sich die Anwendung der Regelungstechnik auf alle Gebiete der Technik ausgedehnt. Anstöße gaben die Ausweitung der [[Automatisierung]], zum Beispiel mit Hilfe von [[Roboter]]n, und die neue [[Raumfahrt|Weltraumtechnik]]. Die Regelungstechnik ist inzwischen eine Symbiose mit der [[Informationstechnik]] (sowohl Hard- als auch Software) eingegangen. === Theorie der Regelungstechnik === Die quantitative (mathematische) Beschreibung der einzelnen dynamischen Elemente und ihres Zusammenschlusses im Regelkreis wird benötigt, um eine Regelung optimal auslegen zu können. Alle Elemente, vor allem die Regelstrecke, verzögern die Wirkung zwischen ihrem Eingang und ihrem Ausgang, weshalb jede Regelung infolge der Rückführung prinzipiell unstabil sein kann, und die Regelgröße fortwährend zwischen ihrem maximal möglichen und ihrem minimal möglichen Wert schwankt. Die Regelung ist optimal, wenn eine [[Regeldifferenz|Regelabweichung]] möglichst schnell beseitigt wird, ohne dass unstabiles Schwingen entsteht. Die mathematische (theoretische) Behandlung der Regelungstechnik begann bereits anhand der Drehzahlreglung mit Fliehkraftregler. Am Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben [[James Clerk Maxwell|Maxwell]] und der russische Ingenieur ''Wischnegradsky'' erstmalig solche dynamischen Systeme mit [[Differentialgleichung]]en.<ref name="Ludyk">Günter Ludyk: ''Theoretische Regelungstechnik'', Springer 1995, Band 1, Seite 1</ref> Damit war der Grundstein für die eigenständige Disziplin Regelungstechnik gelegt. Schon kurz danach, am Anfang des 20. Jahrhunderts, bediente man sich auch für Technische Systeme der allgemeinen [[Laplacetransformation]]<ref name="Ludyk" /> und ihrer inversen Rücktransformation zwischen [[Zeitbereich]] und [[Frequenzspektrum|Frequenzbereich]], um den großen Rechenaufwand für direktes Lösen der Differentialgleichungen zu vermeiden. Im Frequenzbereich bestehen leicht lösbare gewöhnliche [[Algebra|algebraische Gleichungen]]. Die Anwendung der speziellen [[Fouriertransformation]] auf die Differentialgleichungen führt zum [[Frequenzgang (System)|Frequenzgang]], der schon vorher in der [[Nachrichtentechnik]] verwendet wurde, um die Übertragung ungedämpfter [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischer Schwingungen]] zu beschreiben.<ref name="Ludyk" /> Er wird als [[Bode-Diagramm]] oder als [[Ortskurve (Systemtheorie)|Ortskurve]] dargestellt. Etwa 1928 erkannte [[Harry Nyquist|Nyquist]], dass aus der Ortskurve des Frequenzgangs des aufgeschnittenen Kreises eines elektronischen Verstärkers oder einer Regelanalage ein Stabilitätskriterium für den geschlossenen Kreis entnommen werden kann.<ref>H. Nyquist: ''Regeneration theory'', Bell Syst. techn. Journ.11, 1932, Seiten 126 bis 147</ref> Die Kurve muss einen bestimmten Verlauf nehmen. Die mit der Laplacetransformation erhältliche [[Übertragungsfunktion]] wurde für das [[Wurzelortskurvenverfahren]] (root locus method <ref>R. W. Evans: ''Graphical Analysis of Control Systems'', Transactions AIEE 67 (1948), Seiten 547 - 551</ref>) bedeutsam. Mit dem Frequenzgangverfahren und diesem Verfahren als zweite allgemeine Methode zur Beschreibung und Bearbeitung linearer Regelungen <ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, Seite 200, ISBN 3-7785-2336-8</ref> waren im Wesentlichen alle mathematischen Hilfen gefunden, die zur Behandlung [[Linearität#Linearität in der Systemtheorie|linearer]] [[Lineares zeitinvariantes System|zeitinvarianter]] Regelungssysteme verwendet werden können. Die folgende erhebliche Ausweitung der Regelungstechnik bezog [[Nichtlineares System|nichtlineare Systeme]] und Regelkreise mit mehren Regelgrößen und mehreren Schleifen ein. Neue Güte-Kriterien mussten erfüllt werden, zum Beispiel die Bahnoptimierung bezüglich Zeit und Treibstoffverbrauch in der Raumfahrt.<ref name="Ludyk" /> Entsprechende und zahlreiche neue mathematische Hilfsmittel wurden gefunden. Die sogenannte ''moderne Regelungstheorie'', zu deren Entwicklung [[Rudolf Kálmán|Kálmán]] maßgeblich beitrug,<ref>R. On the Generel Theory of Control Systems, Proceedings 1st International Congress on Automatic Control 1960, Butterworths, London, 1961, band 1, Seiten 481 - 492</ref> begann in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch Anwendung des Modells [[Zustandsraumdarstellung|Zustandsraum]] lassen sich die Systeme hier auch im Zeitbereich mit erträglichem Aufwand behandeln. Mit der ''modernen Regelungstheorie'' begann eine verallgemeinerte, das heißt eine mehr mathematisch betonte Betrachtung, deren Bindung an die Regelungstechnik lockerer wurde. Es entstand die Kontrolltheorie als mathematische Disziplin. Ihre Verallgemeinerung und entsprechende Einordnung ist noch undeutlich. In der Literatur wird sie noch vorwiegend als Theorie der Regelung (oder der Regelungstechnik) bezeichnet. Die neuen mathematischen Mittel zur Beschreibung und theoretischen Behandlung werden mit entsprechenden technischen Entwürfen sehr hoher Komplexität und schwierigen Bedingungen (keine Linearität, keine Invarianz und ähnlichem) zunächst veranschaulicht. Die erfolgreiche Erprobung geschieht parallel dazu. Die Mehrzahl installierter Regelungen kann aber mit den bisherigen Methoden behandelt werden. Sie sind oft mit dem standardisierten [[PID-Regler]] ausgerüstet. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges entwickelten sich Theorie und Praxis der Regelungssysteme in den [[USA]] und [[Westeuropa]] anders als in [[Russland]]. Während im Westen die Theorie rückgekoppelter Systeme vorwiegend im Frequenzbereich, vor allem von ''Bode'' und ''Nyquist'', entwickelt wurde, entstanden in der ehemaligen [[Sowjetunion|UdSSR]] durch die Nachfolger von ''Wischnegradsky'' verbesserte Lösungen im Zeitbereich. Die Trennung in Ost und West wurde wenigstens außerhalb militärischer und Weltraum-technischer Anwendungen nach dem 2. Weltkrieg beendet. Im September 1956 wurde die International Federation of Automatic Control [[International Federation of Automatic Control|(IFAC)]] gegründet. In den 80er Jahren erfuhr die Regelungstechnik mit der Einführung des digitalen Rechners einen erneuten Entwicklungsschub. Dieses neue Werkzeug ermöglichte es, wesentlich größere und komplexere mathematische Modelle des Regelkreises als bisher in kurzer Zeit zu überblicken. Seitdem entstanden entsprechend komplexere und präzisere Regelungen. Lehre und Forschung in Regelungstechnik an einer Universität begannen erst in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts. ''Nyquist, Bode'' und die anderen frühen Förderer wirkten alle in der Industrie. Das erste Institut für Regelungstechnik im deutsch-sprachigen Raum wurde 1955 von ''Heinrich Kindler'' an der Technischen Hochschule Dresden (TH Dresden, später [[TU Dresden]]) gegründet.<ref>Heinz Töpfer und Hans-Joachim Zander: ''Steuerungstechnik - ein Teilgebiet der Automatisierungstechnik, ein Rückblick auf diesbezügliche Forschungsarbeiten in der DDR'', Automatisierungstechnik, 2003, Heft 3, Seite 136, 2.1, zweiter Absatz</ref> == Einfache Beispiele einer Regelung == Das Grundprinzip beim Regeln ist allgemein gültig. Es ist nicht an die reale Ausprägung der Regelstrecke und der dieser zum Regeln zugefügten Funktionselemente gebunden. Der Regelkreis kann abstrakt als Blockschaltbild dargestellt werden, in dem nur die Funktionselemente als Kästchen und die Funktionsgrößen als Linien erscheinen, die die Kästchen verbinden. Ein einfaches, anschauliches Beispiel für eine Standard-Regelung ist die bereits oben abgebildete, von ''James Watt'' verwendete Drehzahlregelung an einer Dampfmaschine. === Einfache Raumtemperatur-Regelung === Die Regelung einer [[Raumtemperatur]] mit Hilfe eines an einem [[Heizkörper]] angebrachten [[Thermostatventil]]s ist ebenfalls ein einfaches, anschauliches Beispiel einer einfachen Regelung. Ziel ist das automatische Halten der Raumtemperatur (Regelgröße) auf einem gewünschten Wert (Sollwert), obwohl durch gelegentliches Öffnen der Fenster und Änderungen der Außentemperatur eine variable Wärmemenge aus dem Raum abgeführt wird. Ein Thermostatventil ist entgegen seiner umgangssprachlichen Bezeichnung mehr als ein [[Ventil]]. Es ist Messglied, Regler und Stellglied zugleich. An ihm wird die gewünschte Solltemperatur (Sollwert) des Raumes eingestellt. Das Ventil verändert den Warmwasserstrom durch den Heizkörper und damit die Raumtemperatur. Die Flüssigkeit im Sensor ([[Dehnstoffelement]]) dehnt sich bei Erwärmung aus und stellt einen veränderten Istwert dar. Durch diese Dehnung wird die Ventilöffnung direkt verkleinert, wodurch sich der Warmwasserstrom durch den Heizkörper verringert. Nach einer Verzögerung sinkt die Temperatur im Raum. [[Datei:Raumtemperaturregelung.png|thumb|300px|Regelung der Raumtemperatur <math>\theta</math> mit [[Thermostatventil]] am [[Heizkörper]]]] {| class="wikitable" style="float:left; width:480px;" |- class="hintergrundfarbe6" ! width="25%"|Bezeichnung ! width="5%"|Zeichen im Beispiel ! width="5%"|Zeichen nach DIN ! width="75%"|Bedeutung im Beispiel<br />(Raumtemperatur-Regelung mit Thermostatventil) |- |style="text-align:center;" |[[Regelstrecke]]|| || || Zimmer und Heizkörper |- |style="text-align:center;" | ''Störgrößen'' ||style="text-align:center;" | ''d'' ||style="text-align:center;" | ''z'' || Außentemperatur, Fenster-Stellung (geschlossen bis offen) und anderes |- |style="text-align:center;" | [[Regelgröße]]||style="text-align:center;" | ''y'' ||style="text-align:center;" | ''x'' || Raumtemperatur |- |style="text-align:center;" | Messglied || || || [[Dehnstoffelement]] im [[Thermostatventil]] |- |style="text-align:center;" | Messgröße ||style="text-align:center;" |''y<sub>M</sub>''||style="text-align:center;" |''y<sub>M</sub>''|| Ausdehnung des Dehnstoffelementes |- |style="text-align:center;" | Istwert der Regelgröße|| || ||zum Beispiel 22 °C, dem eine bestimmte Ausdehnung des Dehnstoffelementes entspricht |- |style="text-align:center;" | Führungsgröße || style="text-align:center;" |''w''|| style="text-align:center;" | ''w'' || Position des Bodens des Dehnstoffelementes, die mit Drehknopf (mit °C skalierter Skala) am ''Thermostatventil'' eingestellt wird |- |style="text-align:center;" |[[Sollwert]] der Regelgröße || || ||zum Beispiel 20 °C, zur entsprechenden Ausdehnung des Dehnstoffelementes gehört die entsprechend eingestellte Position seines Bodens |- |style="text-align:center;" | [[Regeldifferenz|Regelabweichung]]||style="text-align:center;" |''e'' <br />= ''w'' − ''y''||style="text-align:center;" |''e'' <br />= ''w'' − ''x''|| z. B. 2K |- |style="text-align:center;" | [[Regler]]|| || || Dehnstoffelement |- |style="text-align:center;" |Steuergröße||style="text-align:center;" | ''u'' ||style="text-align:center;" | ''y'' || Position des Übertragungsstiftes am Dehnstoffelement (Übertragung auf das Ventil) |- |style="text-align:center;" |[[Stellglied]]|| || ||Ventil im ''Thermostatventil'' |- |style="text-align:center;" |[[Stellgröße]]|| style="text-align:center;" |''u<sub>R</sub>''|| style="text-align:center;" |''u<sub>R</sub>''|| Stellung des Ventils (geschlossen bis offen) |} [[Datei:RegelKreis.svg|thumb|300px|Blockschaltbild eines Standardregelkreises]] <br style="clear:both;" clear="all" /> === Raumtemperatur-Regelung mit Störgrößenaufschaltung === Die Regelung der Raumtemperatur wirkt besser, wenn zum Beispiel ein Absinken der Außentemperatur bereits durch Erhöhen der Vorlauftemperatur des Warmwassers berücksichtigt wird. Diese verbesserte Regelung kompensiert das Absinken schneller, als wenn sie erst die Änderung der Zimmertemperatur abwarten würde. Sie ist auch wirksamer, weil sie durch Veränderung der Vorlauftemperatur eine zusätzliche Stellgröße benutzt. Eine solche Maßnahme heißt [[Störgrößenaufschaltung]], die möglich ist, wenn eine Störgröße (im Beispiel die Außentemperatur) bekannt und messbar ist. Die Kenntnis des dynamischen Zusammenhangs zwischen dieser Störgröße und der Regelgröße ist ebenfalls nötig. == Schritte beim Lösen einer Regelungs-Aufgabe == Die folgende Aufstellung enthält Einzelschritte, die bei der Entstehung einer Regelung prinzipiell gemacht werden.<ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, Seiten 12 bis 14, ISBN 3-7785-2336-8</ref> Die Reihenfolge ist weniger streng. Die Schritte zwischen Aufgabenstellung und Inbetriebnahme werden unter Anwendung inzwischen vorliegender Ergebnisse meistens wiederholt vorgenommen. * Formulierung der Aufgabe: Oftmals ist die zu lösende Regelungs-Aufgabe Teil eines größeren Automatisierungsvorhabens. Aus diesem ist die Einzelaufgabe herauszulösen, Randbedingungen durch die Einbettung aber zu erkennen. Anforderungen an Genauigkeit, Geschwindigkeit und anderes sind zu übernehmen oder zu formulieren. * Wahl eines Stellgliedes und einer Meßeinrichtung: Im zu regelnden System findet meistens ein Energie- oder/und Masse-Fluss statt, für dessen Beeinflussung ein entsprechendes Stellglied schon vorhanden oder vorgegeben ist. Beispielsweise wird die Wärme/Wasser-Menge bei einer Raumheizung mittels Ventilen an den Radiatoren verändert - sowohl ohne als auch mit automatischer Regelung der Raumtemperatur. Ist das vorgegebene dynamische System aber neu, kann sich die Frage stellen, wie es beeinflussbar ist und wie die Regelgröße gemessen werden kann. Auf die weiteren Einzelschritte wird anschließend tiefer eingegangen. Die Beschreibung ist beispielhaft für einfache Regelungen, bei der nur eine Regelgröße, nur ein Regelkreis und nur ein Stellglied vorhanden sind. Ein weiteres Kriterium für Einfachheit ist die [[Zeitinvarianz]] des betroffenen Systems, was heißt, dass es sein Verhalten über lange Zeit nicht ändert. Die Nennung der verwendeten mathematischen Werkzeuge steht im Vordergrund, die Durchführung der mathematischen Arbeit wird aber nur angedeutet. * Beschreibung des Systems und der zum Regeln gebrauchten Teile, Analyse * Entwurf der Regelung, Synthese * Korrektur der dynamischen Eigenschaften der Regelung * Prüfung des Ergebnisses durch Simulation * Bau und Inbetriebnahme der Regelung == Eigenschaften des Systems und der zum Regeln gebrauchten Teile == Um eine Regelung zu erstellen, ist die möglichst gute Kenntnis aller beteiligten Teile im Regelkreis erforderlich. Sich diese Kenntnis zu verschaffen und sie in mathematischer Sprache auszudrücken, wird in der regelungstechnischen Literatur oft - aber nicht generell - unter dem Begriff Regelungs-'''Analyse''' zusammengefasst. Der Gebrauch dieses Begriffs schließt alle Teile ein, obwohl wenigstens über den gewählten Regler ausreichende Kenntnis vorhanden ist. Die Untersuchung zum Zwecke der Verbesserung einer entworfenen oder vorhandenen Regelung wird in der regelungstechnischen Literatur auch oft - aber auch nicht generell - als Analyse bezeichnet (siehe weiter unten: '''Analyse des Regelkreises'''). === Mathematische Beschreibung: Differentialgleichungen und Linearität === Dynamische Systeme sind verbal sehr ungenügend zu beschreiben. Ihre Größen sind Funktionen der Zeit, denen sich nur in mathematischer Beschreibung folgen lässt, wie es in der [[Systemtheorie (Ingenieurwissenschaften)|Systemtheorie]] geschieht. Für ein dynamisches System ist anzugeben, wie sich eine Größe durch den Einfluss einer anderen Größe zeitverzögert verändert. Der dafür verwendbare Teil der mathematischen Sprache sind die [[Differentialgleichung]]en. Die Übertragungsfunktion in einem linearen System (Abhängigkeit einer Ausgangsgröße von einer Eingangsgröße <ref>In der theoretischen Regelungstechnik wird [[Übertragungsfunktion]] auch für Frequenzgang gebraucht. Zudem ist eine Verwechslung mit [[Übergangsfunktion]] möglich. Im vorliegenden Artikel werden Übertragungsfunktion, Übertragung und Übertragungs-Glied als allgemeingültige Begriffe, die keiner formalen Einschränkung unterliegen, gebraucht.</ref>), kann auf einfache Weise mit einer linearen [[Gewöhnliche Differentialgleichung|gewöhnlichen]] Differentialgleichung angegeben werden. Die [[Linearität#Allgemeine Definition|Linearität]] des Systems (der Regelstrecke) ist Kennzeichen der einfachen, klassischen Regelungstechnik. Bei Verwendung digitaler Regler (älterer Ausdruck ''Abtastregler'') werden [[Differenzengleichung]]en anstatt Differentialgleichungen benutzt. Solche Regler sind [[Diskretheit|zeitdiskrete]] Systeme im Gegensatz zu den häufigeren [[Kontinuität|zeitkontinuierlichen]] Systemen. [[Nichtlinearität]] bedeutet, dass die mathematische Beschreibung weniger einfach ist. Wenn die Regelstrecke nichtlineares Verhalten aufweist, kann man sich behelfen, indem man den benutzten Teil der Übertragungsfunktion näherungsweise als linear ansieht. Die Beschreibung nichtlinearer Regelstrecken erfolgt prinzipiell mit ''nichtlinearen Differentialgleichungen'', die nur mit höherem Aufwand lösbar sind. === Mathematisches Modell der Regelstrecke === Von den im Regelkreis enthaltenen Teilen ist die Regelstrecke das am stärksten dynamisch geprägte System. Seine Abbildung in einem mathematischen Modell gilt beispielhaft für alle anderen Teile im Regelkreis. Modell ist ein anderes Wort für die Beschreibung einer Realität. Es wird in der Regelungstechnik häufig gebraucht, wobei meistens die mathematische Beschreibung gemeint ist. Es ist wie jede Beschreibung eine Näherung an die Realität, hier an das dynamische Verhalten der Regelstrecke. Die im Modell der Regelstrecke veränderlichen Größen werden formal nicht als physikalische, chemische oder andere reale Größen sondern nur als Eingangs-, Stör- oder Ausgangsgrößen behandelt. Der reale Charakter tritt in der Rechenphase, in der man sie zur einfacheren Handhabung (auf ihre Dimensionen muss nicht geachtet werden) als relative, auf ihre mittleren Funktionswerte bezogene Größen benutzt, nicht in Erscheinung. Ungeachtet dessen muss das Modell natürlich die Abhängigkeit der Ausgangs- von der Eingangsgröße in möglichst guter Näherung an die der realen Größen beschreiben. Wenn die Regelstrecke bereits existiert (und für Untersuchungen zur Verfügung steht), kann das Übertragungsverhalten experimentell ermittelt werden. Die Eingangsgröße wird entweder sprungartig oder sinusförmig verändert und der Verlauf der Ausgangsgröße aufgezeichnet. Wenn eine Störgröße herausstellbar ist und gezielt verändert werden kann, wird das Übertragungsverhalten zwischen ihr und der Ausgangsgröße ebenfalls aufgenommen, wodurch die Regelstrecke insgesamt besser erfasst wird. Den Experimenten schließt sich das Aufstellen der mathematischen Gleichungen an, wobei Vereinfachungen vorgenommen werden müssen, um zu einem beherrschbaren Satz von Gleichungen zu kommen. Dies auf Experimenten beruhende, sogenannte ''experimentelle Modellierung'' hat auch die Bezeichnungen ''White-Box-Modellierung'' und ''strukturelle Modellbildung''. Das andere Extrem ist die ''theoretische Modellbildung''. Hierbei werden die Gleichungen allein durch Anwendung der physikalischen Gesetze auf die Vorgänge in der Regelstrecke entwickelt, weil die Regelstrecke experimentell nicht zugänglich ist oder noch nicht existiert. Das gewonnene Modell ist weniger sicher, sowohl prinzipiell als auch quantitativ (Übertragungsfaktoren und Zeitkonstanten). Andere Bezeichnung des Vorgangs sind ''Black-Box-Modellierung'' und ''pragmatische Modellbildung''. Mit ''Grey-Box-Modellierung'' wird ausgedrückt, dass Ergebnisse aus Experimenten und aus theoretischen physikalischen Überlegungen zu einem Modell führen. === Mathematische Modelle der zum Regeln gebrauchten Teile === Bei Stellgliedern ist es oft nicht leicht, lineares Verhalten zu erreichen. Hingegen ist das Messglied meistens unproblematisch. Sein Modell ist lediglich eine lineare Funktion ([[P-Glied]]), zeitliche Verzögerungen sind in der Regel vernachlässigbar. Der Regler selbst wird als dynamisches System so gestaltet, dass die Regelaufgabe - wie gewollt und wie unter den vorhandenen physikalischen Bedingungen möglich - erfüllt wird. Ein klassischer Regler ist der [[PID-Regler]], in dem drei der elementaren Übertragungsglieder einstellbar enthalten sind: Proportionalglied (P-Glied), Integralglied ([[I-Glied]]) und Differentialglied ([[D-Glied]]). === Elementare Übertragungsglieder === Die drei im PID-Regler enthaltenen Übertragungsglieder ergeben zusammen mit den beiden Verzögerungsgliedern [[PT1-Glied|PT<sub>1</sub>]] und [[PT2-Glied|PT<sub>2</sub>]] und dem Totzeitglied [[Totzeit (Regelungstechnik)|PT<sub>t</sub>]] die sechs elementaren Übertragungsglieder, die in vielfältiger Kombination auch die Regelstrecke beschreiben. In der Regelstrecke überwiegt Proportionalität in Kombination mit Zeitverzögerung (PT-Glieder), Integration (I-Glied) kommt öfters, Differentiation (D-Glied) aber kaum vor. Es ist üblich, elementare Übertragungsglieder mit der graphischen Darstellung der [[Sprungantwort]]<ref>In der theoretischen Regelungstechnik wird die Antwort auf die Eingangs-[[Sprungfunktion]] auch [[Übergangsfunktion]] genannt.</ref> symbolisch zu kennzeichnen. Diese Symbole werden in die entsprechenden Übertragungs-Blöcke ausführlicher Blockschaltbilder (ausführlicher als im Prinzip-Blockschaltbild des Regelkreises) eingetragen. == Entwurf einer Regelung == : ''Hauptartikel: [[Regler]]'' Der Entwurf einer Reglung - die Verbindung eines Reglers mit der Regelstrecke zu einem geschlossenen Kreis - ist die eigentliche Aufgabe der Regelungstechnik. In der regelungstechnischen Literatur wird für diesen Prozess oft, aber nicht generell der Begriff Regelungs-'''Synthese''' gebraucht. Gute Kenntnis des dynamischen Verhaltens aller Teile des Kreises kann bereits zu einem ausreichenden Ergebnis führen. Da die Kenntnisse aber oft lückenhaft sind, und weil die Anforderungen an die Güte einer Regelung für den Entwurf zum Teil konträre Bedingungen darstellen, ist der Entwurf nicht eine einfache und einmalige Synthese. Mit Kriterien der Stabilität des Kreises und einer möglichst hohen Güte, mit der die Regelgröße kontrolliert wird, schließen sich in der Regel weitere theoretische Schritte an, die sowohl Synthese, aber auch Analyse (des Verhaltens im Kreis) sind. Theoretisch entworfene Regelungen werden oft anhand eines (elektronischen) Modells überprüft. Letztlich müssen Nachbesserungen bei der Inbetriebnahme vorgenommen werden. Angegeben wird nur eine Übersicht der Entwurfs-Verfahren. === Konträre Anforderungen === Mit einer Regelung ist das '''Stabilitätsproblem''' untrennbar verbunden. Es ''ist der Preis, den man dafür bezahlen muss, dass eine Regelung mehr kann als eine Steuerung, nämlich ein in nicht genauer Weise veränderliches System gezielt zu beeinflussen''.<ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, Seite 10, ISBN 3-7785-2336-8</ref> In einem geschlossenen Wirkkreis können die Größen prinzipiell um einen mittleren Wert hin- und herpendeln. Ursache sind die so gut wie immer vorhandenen Übertragungsglieder mit Zeitverzögerung. Eine Regelung ist ''stabil'', wenn entstehende Schwingungen abklingen und mit der Zeit verschwinden, sie ist dann im mindesten Maße ''gedämpft'', die Verstärkung im Regler (P-Glied) ist nicht zu hoch eingestellt. Vorhandene Stabilität heißt allein nicht, dass die anfängliche Schwingweite (''Überschwingen'' nach einer Störung) innerhalb der Anforderungen liegt. Konträr zum Erfolg, den man mit einer bestimmten Dämpfung erreicht, ist die Forderung, dass eine Regelung ''schnell'' sein soll. Bei notwendig hoher Dämpfung kann es vorkommen, dass der Sollwert nach einer Störung nur kriechend wieder erreicht wird, was mit den Anforderungen nicht vereinbar sein kann. Verlangt wird auch eine genügende ''stationäre Genauigkeit'': Die nach dem Abklingen des Einschwingvorganges sich einstellende Differenz zwischen Soll- und Istwert der Regelgröße soll unterhalb eines Grenzwertes liegen. Die mathematische Behandlung ist nur mit erhöhtem Aufwand möglich, wenn der Arbeitsbereich des realen Systems verlassen wird. Es ist beispielsweise sinnvoll, darauf zu achten, dass beim Regeln nicht Stellgrößen-Werte jenseits von “ganz offen” erwartet werden. Die Stabilität des Regelkreises ist ''unbedingt'' zu gewährleisten. Bei der mathematischen Behandlung werden verschiedene Stabilitätskriterien angewendet, mit denen sich eine Auslegung der Regelung finden lässt, die vermutlich stabil ist. Die zueinander konträren Anforderungen müssen in der Regel in einer Kompromiss-Lösung beschnitten werden. Sie sind Gegenstand von verschiedenen Gütekriterien, mit deren Hilfe ihre quantitative Benennung möglich ist. === Heuristische Einstellregeln für einfache Regelungen === :''Hauptartikel: [[Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)]]'' In der Mitte des 20. Jahrhunderts begann die serienmäßige Herstellung von [[PID-Regler]]n und damit eine Standardisierung für die Ausführung von Regelungen mittlerer Schwierigkeit und Güte. Mit PID-Reglern und Anwendung der dafür erarbeiteten Regeln für die Einstellung ihrer Parameter (Verstärkung und [[Zeitkonstante]]n) lassen sich auch heute noch die meisten Regelungen verwirklichen. Die anspruchsvolle Modellbildung und die mathematische Behandlung sind schwierigeren Regelstrecken und Fällen mit hoher Güte-Anforderung vorbehalten. Die Anwendung der [[Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)|Faustformelverfahren]] genannten Einstellregeln ist eine [[Heuristik|heuristische]] (dennoch systematische) Methode zum Auslegen einer stabilen und nicht zu langsamen Regelung. Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Grundannahmen, die bezüglich der zu regelnden Strecke getroffen werden. Es müssen nur einige wenige Kennwerte der Regelstrecke, die aus einfachen Versuchen ermittelt werden können, bekannt sein. Das [[Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)#Methode von Ziegler und Nichols|Verfahren nach Ziegler und Nichols]] ist für stark verzögernde Regelstrecken, wie sie z. B. in der [[Verfahrenstechnik]] auftreten, gut geeignet. Die [[Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)#Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick|Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick]] sind eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens. Die [[Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)#T-Summen-Regel|T-Summen-Regel]] ist für Regelstrecken mit [[Tiefpass]]verhalten besser geeignet. === Linearer Entwurf === Von ''Entwurf'' wird gesprochen, wenn eine Regelung nicht einfach mit PID-Regler und einfachen Einstellregeln verwirklicht werden kann. Er ist ''linear'', wenn alle im nötigen mathematischen Systemmodell enthaltenen Zusammenhänge [[Linearität#Linearität in der Mathematik|linear]] sind. Das Modell beruht auf Annahmen und Näherungen, die bezüglich der realen Teile im Regelkreis (vor allem der Regelstrecke) vorgenommen werden. Deshalb ist die damit erreichte Güte theoretisch garantiert, aber nur beschränkt auf die Praxis übertragbar. Sie wird in der Praxis gut erreicht, wenn nur geringe Abweichungen vom [[Arbeitspunkt]] auftreten. Die linearen mathematischen Modelle und ihre Lösungs-Methoden sind für zeitkontinuierliche und für zeitdiskrete Regelungen mehrheitlich verschieden. ==== Entwurf zeitkontinuierlicher Regelungen ==== Es existieren zahlreiche Entwurfsverfahren, von denen im Folgenden eine Auswahl angegeben wird. In der Regel ist keines der bekannten Verfahren vollständig. Während eines erfolgreichen Entwurfs werden oft mehrere Verfahren kombiniert oder nacheinander angewendet.<!--<ref>Jan Lunze: ''Regelungstechnik 1''. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 429ff: ''Entwurf einschleifiger Regelkreise''</ref>--> * Das '''Frequenzkennlinienverfahren''' ist das klassische Entwurfsverfahren. Es wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von [[Hendrik Wade Bode]] ausgearbeitet.<ref>Stuart Benett: ''A Brief History of Automatic Control'', IEEE Control Systems,June 1966, Seite20</ref> Die Differentialgleichungen werden im [[Frequenzspektrum|Frequenzbereich]] gelöst. Dieser Umweg erleichtert nicht nur ihre Lösung. Das [[Übertragungsfunktion|Übertragungsverhalten]] ist auch aus den Darstellungen im Frequenzbereich besser erkennbar. Die Darstellungen sind die [[Ortskurve (Systemtheorie)|Ortskurve]] des Frequenzgangs und die Frequenzgangkennlinien im [[Bode-Diagramm]]. Beispielsweise wird wie folgt verfahren: ''Ausgehend von den Dynamikforderungen an den geschlossenen Regelkreis werden Bedingungen an die Frequenzgangkennlinien der offenen Kette aufgestellt, die durch eine geeignete Wahl des Reglers erfüllt werden müssen.''<ref>Jan Lunze: ''Regelungstechnik 1''. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 477</ref> Die Stabilität wird mit dem [[Nyquist-Kriterium]] untersucht.<ref>Jan Lunze: ''Regelungstechnik 1''. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 403</ref> * Beim '''[[Wurzelortskurvenverfahren]]''' werden die Differentialgleichungen auch im Frequenzbereich gelöst. Es eignet sich nicht bei Regelstrecken mit [[Totzeit]], ist aber mit Vorteil bei prinzipiell instabilen Regelstrecken anwendbar. Zusätzliche Untersuchungen , zum Beispiel mit dem Nyquist-Kriterium sind nicht erforderlich.<ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, ISBN 3-7785-2336-8, Seiten 201 und 329</ref> Untersucht wird die offene Kette. Ihre zielgerichtete Veränderung - das heist des Verstärkungsfaktors des Reglers - erfüllt die Güteforderungen, die an den geschlossenen Kreis gestellt werden.<ref>Jan Lunze: ''Regelungstechnik 1''. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 462</ref> Beide bisher genannten Verfahren sind nicht streng systematisch, es sind typische Ingenieurmethoden, nämlich zielgerichtete Probierverfahren.<ref>Otto Föllinger: ''Regelungstechnik'', Hüthig Verlag, ISBN 3-7785-2336-8, Seite 201</ref> * Die '''[[Optimale Regelung|Optimalregler]]-Verfahren''' verwenden mathematische Optimierungstheorie, um den Regler so zu bestimmen, dass ein Gütekriterium an die Bewegung des Ausganges und die erforderliche Stellenergie erfüllt ist. Das Verfahren ist für Mehrgrößensysteme geeignet. Dazu wird als Gütekriterium ein [[Funktional]] formuliert, in das der Regelfehler und die Stellgröße eingehen. Ziel der Optimierung ist die Minimierung des [[Regelgüte|Gütefunktionals]], so dass der integrale Regelfehler und die erforderliche Stellenergie minimal sind. Die Gewichtung von Regelfehler und Stellenergie kann durch Wichtungsmatrizen beeinflusst werden. Häufig wird ein quadratisches Gütekriterium verwendet, man spricht dann von einem LQ-Regler (von engl. linear quadratic regulator). Da zum Entwurf eine Riccatigleichung bzw. -differentialgleichung zu lösen ist, ist auch der Begriff Riccatiregler gebräuchlich. * Beim Reglerentwurf zur '''[[Polvorgabe]]''' (engl. pole placement) geht man typischerweise von einer Darstellung im [[Zustandsraumdarstellung|Zustandsraum]] aus. Die Güteforderungen aus dem Zeitbereich werden in die Lage der [[Eigenwertproblem|Eigenwerte]] übersetzt. Dann werden die Reglerparameter so bestimmt, dass die Eigenwerte des Regelkreises durch eine statische Rückführung die gewünschten Werte annehmen. Für Eingrößensysteme existieren unter üblicherweise vorhandenen Voraussetzungen ([[Steuerbarkeit]]) eindeutige Lösungen. Für ein Mehrgrößensysteme existieren üblicherweise unendlich viele Lösungen.<ref name="of13.3.3">Otto Föllinger, Regelungstechnik, 8. Aufl. 13.3.3</ref> Verfahren wie [[Modale Regelung]]<ref name="of13.3.3"/> oder die Entkopplung nach [[P. L. Falb|Falb]]-[[W. A. Wolovich|Wolowich]]<ref>Otto Föllinger, Regelungstechnik, 8. Aufl. 13.5</ref> schaffen Zusatzbedingungen, so dass wieder eindeutige Lösungen angegeben werden können. Falls die Strecke nicht steuerbar ist, gibt es einzelne feste Eigenwerte, die nicht verändert werden können. * Die '''Zustandsrückführung''' erfordert die Kenntnis des Zustandes zu jedem Zeitpunkt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Zustandsrückführung durch eine [[Regler#Ausgangsrückführung|Ausgangsrückführung]]<!--Ersatzlink, solange keine richtige [[Ausgangsrückführung]] exisitiert--> ersetzt werden, ohne die Lage der erreichten Eigenwerte zu verändern. Ist die Regelstrecke [[Beobachter (Regelungstechnik)|beobachtbar]], so kann der Zustandsvektor durch Einsatz eines [[Beobachter (Regelungstechnik)|Beobachters]] aus den Ausgangsgrößen rekonstruiert werden. Das [[Separationstheorem]] sichert dabei, dass (bei korrekter Streckenbeschreibung) Beobachterpole zu den Reglerpolen hinzutreten, diese aber nicht verschieben. Damit ist ein entkoppelter Entwurf von Regler und Beobachter möglich. * In der '''[[Robuste Regelung|robusten Regelung]]''' steht die Tatsache im Vordergrund, dass das mathematische Modell der Regelstrecke nur eine vereinfachte Näherung der realen Regelstrecke ist. In der robusten Regelung werden Regelungsverfahren entwickelt, die trotz Modellunsicherheiten die Stabilität ([[robuste Stabilität]]) bzw. eine Mindestgüte garantieren. Die Garantie gilt unter der Voraussetzung, dass der [[Modellfehler]] innerhalb einer analytischen Grenze bleibt. ==== Zeitdiskrete Regelung ==== In der zeit[[Diskretisierung|diskreten]] Regelung, auch digitale Regelung oder Abtastregelung genannt, werden die Regelgröße und die Sollgröße in festen, gleichmäßigen Zeitabständen [[Abtastung (Signalverarbeitung)|abgetastet]] und in digitale Zahlenwerte umgewandelt, also [[Quantisierung|quantisiert]]. Der Regler berechnet aus diesen quantisierten Größen in jedem Zeitschritt die Stellgröße, die zum Abtastzeitpunkt ausgegeben und in ein [[Analogsignal]] umgewandelt wird. Ein Halteglied sichert, dass der Stellwert während des gesamten Zeitintervalls bis zum nächsten Abtastschritt anliegt. Die Quantisierung der Größen führt außerdem auf ein ''wertediskretes'' Signal. In der Regel wird die Quantisierung jedoch so fein gewählt, dass die Auswirkungen auf die Kreisdynamik vernachlässigt werden können. Eine Vorgehensweise zum Entwurf zeitdiskreter Regler ist der Entwurf eines zeitkontinuierlichen Reglers und seiner Approximation durch einen zeitdiskreten Regler. Als Kriterium zur Approximation kann der Differentialquotient, das Integral oder das Pol/Nullstellen-Bild dienen. Diese Herangehensweise funktioniert besonders gut bei starker Überabtastung der Regelstrecke (z. B. das 20-fache der Grenzfrequenz). Die meisten Prinzipien und Entwurfsverfahren der zeitkontinuierlichen Regelung haben eine sinngemäße Entsprechung in der zeitdiskreten Regelung. Zur mathematischen Behandlung von Abtastregelungen im Frequenzbereich wird dabei die [[z-Transformation]] eingesetzt. Das [[Wurzelortskurvenverfahren]] hat eine direkte Entsprechung im zeitdiskreten Bereich, ebenso der [[Optimale Regelung|Optimalreglerentwurf]] (LQ-Regler). Zur Polzuweisung für zeitkontinuierliche Systeme existiert ein sinngemäßes Verfahren für zeitdiskrete Systeme. Eine Besonderheit ist der [[Regler mit endlicher Einstellzeit]], der es ermöglicht, den Sollwert nach einer endlichen Zahl ''n'' von Zeitschritten zu erreichen. Dabei ist ''n'' die dynamische Ordnung der Regelstrecke. Dieses verblüffende Ergebnis ist mathematisch durch das [[Satz von Cayley-Hamilton|Cayley-Hamilton Theorem]] begründet. === Nichtlinearer Reglerentwurf === Die [[Methode der harmonischen Balance]] ist eine Methode zur Analyse nichtlinearer Regelkreise. Sie nutzt eine Beschreibung der nichtlinearen offenen Kette im Frequenzbereich, die auf der Beschreibungsfunktion der offenen Kette beruht. Dabei wird angenommen, dass die nichtlineare offene Kette aus der Reihenschaltung eines linearen und eines nichtlinearen Systems besteht. Die Beschreibungsfunktion hat eine zum Frequenzgang linearer Systeme analoge Bedeutung. Sie gibt an, wie harmonische Schwingungen übertragen werden. Auf Basis dieser Beschreibungsform kann ein Reglerentwurf<ref name="FoNLR2_4">Otto Föllinger: ''Nichtlineare Regelungen II''. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 4</ref>,<ref name="AdNR_9">Jürgen Adamy: ''Nichtlineare Regelungen''. Springer, 2009, ISBN 978-3-642-00793-4</ref> durchgeführt werden, obwohl die Methode der harmonischen Balance keine Synthesemethode ist. Die Methode der globalen Linearisierung<ref name="FoNLR2_7">Otto Föllinger: ''Nichtlineare Regelungen II''. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 7</ref>,<ref name="AdNR_9"/>(auch differentialgeometrische Methode oder [[exakte Linearisierung]] genannt) basiert auf der Idee, die Nichtlinearität in der Regelstrecke durch geeignete Vorfilter und Rückführungen zu kompensieren. Anschließend wird für das linearisierte System anhand linearer Reglerentwurfsmethoden das dynamische Verhalten an die Güteforderungen angepasst. Der nichtlineare Entwurf wird somit auf linearen Entwurf zurückgeführt. Die [[Flachheitsbasierte Regelung]] stützt sich auf den Begriff der [[Flachheit (Systemtheorie)|Flachheit]] (engl. flatness), der eine Erweiterung des Begriffs der [[Steuerbarkeit]] für nichtlineare Systeme ist. Er erlaubt den systematischen Entwurf von [[Vorsteuerung]]en für flache nichtlineare Systeme durch Systeminversion. Meist wird die Steuerung durch eine Regelung zur Störunterdrückung ergänzt. Die Idee des ''Gain scheduling'' basiert auf der Annahme, dass das nichtlineare System in jedem Betriebspunkt linearisiert werden kann. Für jeden Betriebspunkt wird ein Regler fester Struktur entworfen, dessen Parameter vom Betriebspunkt abhängen. Bei der Realisierung werden die Parameter in Abhängigkeit vom Betriebspunkt eingestellt. Eine spezielle Klasse nichtlinearer System, sind lineare Systeme, deren Systemmatrizen explizit von Parametern <math>\theta</math> abhängen. Diese Systeme werden als linear parameter-varying (LPV) Systeme bezeichnet. Im LPV-gain scheduling werden die Reglerparameter explizit von <math>\theta</math> abhängig gemacht. Ein nichtlineares Regelungsverfahren, das mit schaltenden Reglern arbeitet, ist ''Sliding mode control''. === Weitergehende Regelungskonzepte === In zahlreichen Anwendungsgebieten (z. B. Flugregelung) bleibt die Struktur des Modells über den gesamten Arbeitsbereich gültig, es ändern sich jedoch einzelne Parameter. Beispiele sind die Änderung der Dichte von Luft mit der Flughöhe, oder die Masse eines Flugzeuges mit der Zeit. In der [[Adaptive Regelung|adaptiven Regelung]] werden die Reglerparameter automatisch den sich ändernden Bedingungen angepasst. Adaptive Regelungen können u.a. durch flexible Regleralgorithmen (Controller Switching Technology) realisiert werden. Flexible Regleralgorithmen ermöglichen es, unterschiedliche, an den jeweiligen Arbeitspunkt angepasste, Reglerstrukturen und Reglerparameter im laufenden Betrieb umzuschalten. Dafür muss je Arbeitspunkt ein Trigger-Signal oder eine Signalspanne definiert werden, welche eindeutig die anzuwendende Reglerstruktur und Reglerparameter bestimmt. Kleinere Abweichungen der Regelstrecke vom Entwurfsmodell werden mittels Methoden zur [[Robuste Regelung|Robusten Regelung]] abgedeckt. Die [[prädiktive Regelung]] beinhaltet eine spezielle Komponente (den [[Prädiktor]]) zur Vorhersage des künftigen Systemverhaltens<ref name="AdNR_9"/>. Die Vorhersage ermöglicht eine verbesserte Ermittlung des Stellwertes in Bezug auf das gewünschte künftige Verhalten. Klassische Regler ohne Prädiktor müssen die Reaktion der Regelstrecke auf den Stellwert abwarten, können also nur reagieren. Die Prädiktive Regelung bezeichnet diesen allgemeinen Ansatz, wobei unterschiedliche spezifische Realisierungen existieren ([[Regelkreis#Smith-Prädiktor|Smith-Prädiktor]], [[Internal Model Control]], [[Model Predictive Control]]). Prädiktive Regelungsstrukturen sind besonders vorteilhaft, wenn die Strecke stark verzögerndes Verhalten aufweist, etwa große [[Totzeit (Regelungstechnik)|Totzeiten]]. In der [[Fuzzy-Regler|Fuzzy Regelung]] werden den Signalen (Regelgröße, Regelfehler, Stellwert) symbolische Werte anstatt numerischer Werte zugewiesen<ref name="AdNR_9"/><ref name="TsUh_6">Lefteri H. Tsoukalas, Robert E. Uhrig: ''Fuzzy and Neural Approaches in Engineering''. Wiley-Interscience, 1997, ISBN 0-471-16003-2, Kap. 6</ref>. Dieses Vorgehen ist besonders vorteilhaft, wenn intuitives Expertenwissen über die manuelle Regelung des Prozesses vorhanden ist, ein formaler Reglerentwurf wegen eines fehlenden Modells jedoch nicht praktikabel ist. Die Fuzzy Regelung basiert auf der [[Fuzzy-Logik]], die eine Erweiterung der [[Boolesche Logik|booleschen Logik]] ist. Die Fuzzy Regelung wurde erstmals zur Steuerung der [[U-Bahn]] in [[Sendai]] in der Praxis erfolgreich eingesetzt (siehe [[U-Bahn Sendai]]). [[Neuronales Netz|Neuronale Netze]] werden in der Regelungstechnik sowohl zur Darstellung von Kennfeld-Reglern als auch zur [[Systemidentifikation]] verwendet<ref name="TsUh_10">Lefteri H. Tsoukalas, Robert E. Uhrig: ''Fuzzy and Neural Approaches in Engineering''. Wiley-Interscience, 1997, ISBN 0-471-16003-2, Kap. 10</ref>. Beispielsweise können neuronale Netze zum Autotuning von PID-Reglern oder für die adaptive Regelung eingesetzt werden. == Analyse des Kreisverhaltens == === Stabilität === :''Hauptartikel: [[Stabilitätstheorie]]'' Die Stabilität des Regelkreises ist eine grundlegend wichtige Eigenschaft, da in der Praxis Instabilität meist zu Schäden führt (z. B. Absturz eines Flugzeuges, Explosion eines Kessels usw.). Grundlegende Erkenntnisse zur [[Stabilitätstheorie]] wurden von [[James Clerk Maxwell|Maxwell]], [[Edward Routh|Routh]] und [[Adolf Hurwitz|Hurwitz]] beigetragen. Zur Beurteilung der [[Stabilität]] eines Regelkreises existieren mehrere Stabilitätsbegriffe und dazugehörige Analysemethoden, welche die [[Stabilitätstheorie]] bilden. Grundvoraussetzung für die Stabilitätsprüfung ist, dass ein mathematisches Modell der Regelstrecke vorliegt. Gängige Stabilitätsbegriffe sind die [[Zustandsstabilität]] und [[Eingangs-/Ausgangs-Stabilität]] (E/A-Stabilität). Die Zustandsstabilität fordert anschaulich, dass alle Zustandsvariablen ohne äußeren Einfluss auf ein Gleichgewicht zustreben. Bei LZI-Systemen ist dies der Ursprung, bei nichtlinearen Systemen kann es mehrere Gleichgewichtszustände geben. Zur ihrer Analyse ist die [[Eigenbewegung (Regelungstechnik)|Eigenbewegung]] des Systems maßgeblich. Die E/A-Stabilität (auch [[BIBO-Stabilität]], engl. bounded input-bounded output) fordert lediglich, dass die Ausgangssignale bei beschränkten Eingangssignalen und verschwindendem Anfangszustand beschränkt bleiben. Im Fall von [[LZI-System]]en kann für die Betrachtung der Stabilität auf die charakteristische Gleichung zurückgegriffen werden, welche das [[Charakteristisches Polynom|charakteristische Polynom]] verwendet. Liegen bei zeitkontinuierlichen Systemen alle Eigenwerte, das heißt Lösungen der charakteristischen Gleichung, in der linken Halbebene der komplexen s-Ebene, so ist der Regelkreis stabil. Weitere Kriterien zur Prüfung der Stabilitätseigenschaft für LZI-Systeme sind das [[Hurwitzkriterium]], das [[Phasenrandkriterium]] und das [[Stabilitätskriterium von Nyquist|Nyquistkriterium]]. Ein sehr allgemeines, auch für nichtlineare Systeme geeignetes Kriterium zur Stabilitätsprüfung ist die direkte Methode von [[Alexander Michailowitsch Ljapunow|Ljapunov]] anhand der [[Ljapunow-Funktion|Ljapunov-Funktion]] ([[Stabilitätstheorie|Ljapunov-Methode]]). Weitere für nichtlineare Systeme anwendbare Stabilitätskriterien sind das [[Popov-Kriterium]]<ref name="AdNR_9"/><ref name="FoNLR2_5.2">Otto Föllinger: ''Nichtlineare Regelungen II''. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 5.2</ref> und das [[Kreiskriterium]]<ref name="AdNR_9"/><ref name="FoNLR2_5.8">Otto Föllinger: ''Nichtlineare Regelungen II''. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 5.8</ref>. [[Datei:Gueteforderungen SollwertfolgeDynamik.png|thumb|400px|Kenngrößen des Verhaltens eines dynamischen Systems, dargestellt anhand der Sprungantwort. Die Verzugszeit <math>T_u</math> und Anstiegszeit <math>T_a</math> sind durch die Wendetangente bestimmt. Die Überschwingzeit <math>T_m</math> ist durch den Zeitpunkt, an dem das erste Maximum der Sprungantwort auftritt, festgelegt. Die Beruhigungszeit <math>T_{5%}</math> ist der letzte Zeitpunkt, zu dem die Sprungantwort in ein Band der Breite ±5% eintaucht.]] === Sollwertfolge === Die Sollwertfolge kann anhand der [[Übertragungsfunktion]] des geschlossenen Kreises überprüft werden. Die Frequenz Null muss mit der Verstärkung eins übertragen werden, dann ist Sollwertfolge gewährleistet. === Dynamisches Übergangsverhalten === Unter dem dynamischen Übergangsverhalten werden Anforderungen an das Kreisverhalten zusammengefasst, die seine Geschwindigkeit und sein [[Überschwingen]] betreffen (siehe Abbildungen). Sie werden anhand der Übergangsfunktion definiert. Die Überschwingzeit <math>T_m</math> bezeichnet den Zeitpunkt des ersten Überschwingmaximums der Sprungantwort. Die Zeit <math>T_{5%}</math> bezeichnet die Zeit, nach der die Sprungantwort ein Band der Breite ±<math>5%</math> nicht mehr verlässt. Die Überschwingweite bezeichnet die Amplitude der Schwingung einer Sprungantwort um den statischen Endwert. Weitere Kenngrößen sind die Verzugszeit <math>T_u</math> und die Anstiegszeit <math>T_a</math>. Weitere gebräuchliche Maße für die [[Regelgüte|Güte des Regelverhaltens]] sind [[Integralkriterium|Integralkriterien]], die geeignet sind, die Güte des Regelverhaltens in Abhängigkeit von den durch die [[Sprungantwort]] und die Führungsgröße abgegrenzten Flächen abzuschätzen. Ein solches Gütekriterium ist das [[ITAE]]-Kriterium. == Realisierung von Regelungen == : ''Hauptartikel: [[Regler]]'' === Regler im Produktionseinsatz === [[Datei:Kompaktregler.jpg|thumb|<center>Kompaktregler</center>]] Zur Realisierung eines Regelkreises muss der entworfene Regler physikalisch realisiert werden. Hierzu können ''[[Analogrechner]]'', ''digitale [[Kompaktregler]]'' oder ''Soft-Regler'' in einer geeigneten [[Speicherprogrammierbare Steuerung|Speicherprogrammierbaren Steuerung]] eingesetzt werden. Siehe auch Artikel [[Regler]], sowie<ref name="MuRSI">Jürgen Müller: ''Regeln mit SIMATIC''. Publicis Corporate Publishing, Erlangen 2004, ISBN 3-89578-248-3</ref><ref name="ScRTP">Manfred Schleicher: ''Regelungstechnik für den Praktiker''. Fa. JUMO GmbH & Co, 2006, ISBN 3-935742-00-2</ref><ref name="HeMSR">Berthold Heinrich [Hrsg.]: ''Messen, Steuern, Regeln''. Vieweg Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8348-0006-6</ref>. Je nach Aufbau und Einsatzzweck lassen sich unterscheiden: * Industrieregler → maschinennahe Einzelregler für Kleinanlagen mit eigenem Mikroprozessor * Prozessregelgeräte → erweiterbare Industrieregler mit Schnittstelle zu übergelagertem (Leit-)System * Universalregler → Prozessregler in Form von Erweiterungskarten oder Software-Regelbausteinen für programmierbare Steuerungen * Branchenregler → Spezielle Prozessregler, die für bestimmte Anwendungsgebiete optimiert sind. === Rapid-Prototyping in Forschung und Entwicklung === In der Forschung und Entwicklung entsteht regelmäßig das Problem, neue Regelungskonzepte zu testen. Die wichtigsten Software-Werkzeuge für rechnergestützte Analyse, Entwurf und [[Rapid Control Prototyping]] von Regelungen sind nachfolgend aufgeführt. * [[MATLAB]] und [[Simulink]], The MathWorks: Durch zahlreiche Toolboxes ein sehr umfangreiches Softwarepaket für numerische Mathematik, für Simulation, Systemidentifikation, Reglerentwurf und [[Rapid Control Prototyping]] geeignet (kommerziell) * [[Scilab]], Institut National de Recherche en Informatique et en Automatique (INRIA): Ebenfalls sehr umfangreiches Softwarepaket für numerische Mathematik mit ähnlichem Konzept und ähnlicher Syntax wie MATLAB, für Simulation, Systemidentifikation und [[Rapid Control Prototyping]] geeignet (frei) * [[CAMeL-View TestRig]]: Entwicklungsumgebung zur Modellbildung von physikalischen Systemen mit dem Schwerpunkt Reglerentwurf und Rapid Control Prototyping sowie zur Anbindung an Versuchsstände (kommerziell) * [[Maple (Software)|Maple]]: Computeralgebra-System, beherrscht numerische und symbolische Mathematik, besonders für manche Entwurfsverfahren der nichtlinearen Regelung geeignet (kommerziell) * [[Mathematica]], Wolfram Research, Inc.: Umfangreiches Softwarepaket für numerische und symbolische Mathematik (kommerziell) * dSPACE: Integrierte Hard- und Software-Lösungen für die Anbindung von MATLAB an Versuchsstände (kommerziell) * [[LabVIEW]], National Instruments (NI): Integrierte Hard- und Software-Lösungen für die Rechnersteuerung von Versuchsständen (kommerziell) * ExpertControl: Software-Lösungen für vollautomatische Systemidentifikation und vollautomatische, modellbasierte Reglerauslegung für klassische Reglerstrukturen (PID-Regler) sowie Reglerstrukturen für Systeme höherer Ordnung (kommerziell) * [[TPT (Software)|TPT]]: Systematisches Testwerkzeug für Regelungssysteme, das neben der Simulation auch eine Ergebnisauswertung und Analysemöglichkeit bietet. * [[SCALE-RT]]: Skalierbare Open-Source und Linux-basierte Echtzeit-Simulationssoftware SCALE-RT bietet eine Echtzeitsimulations-Umgebung für SiL und HiL-Simulationen auf kommerzieller PC-Hardware. (kommerziell) Alle aufgeführten Werkzeuge zeigen ein hohes Maß an Flexibilität bezüglich der Anwendung und der verwendbaren Reglerstrukturen. == Anwendungen und Beispiele == === Häufige Regelungsprobleme === Nachfolgende Auflistung nennt unabhängig von konkreten Anwendungen einige physikalische bzw. chemische Größen, die typischerweise als Regelgrößen auftreten. Auf konkrete Anwendungen wird im nächsten Abschnitt eingegangen. * Temperaturregelung * Druck- und [[Kraftregelung]] * Durchfluss- und Mengenregelung * Füllstandsregelung * [[Lageregelung|Lage-, Positions-, und Entfernungsregelung]] * [[Bewegungsregelung|Geschwindigkeits- und Beschleunigungsregelung]] * [[Drehzahlregelung|Drehzahl-]] und Drehmomentregelung * Regelung chemischer Größen, wie Konzentrationen, in der Verfahrenstechnik === Technische Anwendungen === [[Datei:Shanghai Transrapid 002.jpg|100px|thumb|<center>[[Transrapid]]</center>]] [[Datei:Mercedes V6 DTM Rennmotor 1996.jpg|100px|thumb|<center>[[Verbrennungsmotor]]</center>]] [[Datei:Sperrmauer-866.jpg|100px|thumb|<center>[[Talsperre]]</center>]] * [[Bahn (Verkehr)|Bahntechnik]]: In der ''Antriebsregelung'' treten vielfältige Regelungsprobleme auf, es sind beispielsweise Drehmoment und Geschwindigkeit zu regeln. An der [[U-Bahn Sendai]] wurde die Fuzzy-Regelung erfolgreich eingesetzt. * [[Luftfahrt]]: Regelungsprobleme treten in zahlreichen Komponenten von Flugzeugen auf, etwa in den Turbinen, aber auch bezogen auf die Flugdynamik. Beispiele für flugdynamische Regelungsprobleme sind die Kontrolle der Roll-, Gier-, und Nickwinkel, sowie der [[Autopilot]]. Siehe auch [[Flugzeug#Flugsteuerung|Flugsteuerung]]. * [[Energietechnik]]: Stellungsregelung eines [[Stellventil]]s mit [[Stellantrieb]] innerhalb einer [[Kaskadenregelung|Reglerkaskade]]. In [[Verbundnetz|Elektroenergienetzen]] sind [[Elektrische Spannung|Spannung]] und [[Frequenz]] netzweit zu halten. In jedem Kraftwerk werden Spannung und Frequenz lokal geregelt, so dass die Aufgabe mit dezentralen Reglern durch Variation der [[Regelleistung]] gelöst wird (siehe auch [[Kraftwerksmanagement]]). Global werden lediglich die Leistungssollwerte der einzelnen Kraftwerke vorgegeben. Die Drehzahlregelung einer [[Dampfmaschine]] mit [[Fliehkraftregler|Fliehkraftregelung]] ist ein klassischer Anwendungsfall * [[Kraftfahrzeugtechnik]]: [[Tempomat]] und [[Antiblockiersystem]] (ABS), aber auch [[Electronic Stability Control|elektronisches Stabilitätsprogramm]] sind bekannte Regelungen im Fahrzeugbereich, die auch als [[Fahrerassistenzsystem]]e bezeichnet werden. Auch Verbrennungsmotoren beinhalten vielfältige Regelkreise, beispielsweise für Leerlaufdrehzahl, Luftverhältnis (siehe auch [[Lambdasonde]]), Klopfregelung (siehe auch [[Klopfen (Verbrennungsmotor)]]). Moderne [[Fahrzeuggetriebe|automatische Schaltgetriebe]] benötigen ebenfalls Regelkreise für die Synchronisation beim Schalten. * [[Pipeline]]: In Pipelines kommen vor allem [[vermaschte Regelung]]en vor, für [[Durchflussregelung|Durchfluss]], [[Druckregelung]] (Vordruck, Nachdruck) und [[Stellungsregelung]] einschließlich [[Grenzwertregelung]]. * [[Robotik]]: In der Fertigungsautomatisierung sind die Achsen der Fertigungsroboter zu positionieren. Hier spielen eine schnelle Beruhigungszeit und geringstes Überschwingen eine besonders große Rolle. * [[Verfahrenstechnik]]: In verfahrenstechnischen Prozessen treten Regelungsprobleme für jegliche chemische und physikalische Größen auf, die im betrachteten Prozess eine Rolle spielen. Beispiele sind die Regelung von Füllstand, Temperatur, pH-Wert und Sauerstoffgehalt eines [[Rührkessel]]-Reaktors oder das konstant halten von Stoff- bzw. Ionenkonzentrationen mit einem [[Chemostatventil|Chemostat]]. * [[Wasserwirtschaft]]: Zur Vermeidung von Überschwemmungen und Sicherung der Wasserversorgung sind unterlagerte Regelungen von Ketten von [[Talsperre]]n bedeutsam. Der Füllstand eines einzelnen Stausees wird von einem übergeordneten Management vorgegeben und lokal geregelt. ---- '''Quelle:''' Dieser Artikel basiert auf dem Artikel [http://de.wikipedia.org/wiki/Regelungstechnik Regelungstechnik] aus der freien Enzyklopädie [http://de.wikipedia.org/ Wikipedia] und steht unter der [http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:GNU_Free_Documentation_License GNU-Lizenz für freie Dokumentation]. In der Wikipedia ist eine [http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Regelungstechnik&action=history Liste der Autoren] verfügbar.
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